Kodierung / Coding
Dokumentation eines 7-Tage-Selbstversuchs,
Ton- und Videoinstallation, je 7 Loops, 7 Tafelbildobjekte, gewebt in S/W Leinen (150 x 150 cm)
Karl-Hofer-Preis 2002, Universität der Künste / Berlin









Das Projekt stellt eine Versuchsreihe dar, die einen Zusammenhang von Nahrungsaufnahme nach ästhetischen Kriterien und der dadurch ausgelösten Verdauungsaktivität – wieder im Hinblick auf ihr ästhetisches Potential betrachtet. Je nach Ernährung und körperlicher Befindlichkeit werden körperinterne Töne und Geräusche produziert, die sogenannte Darmperestaltik. Aus medizinischer Sicht spricht eine lautstarke Verdauung für Gesundheit. Im Gegensatz dazu gelten jedoch Geräusche in Verbindung mit Essen in unserem Kulturkreis als unangebracht und stehen somit im Widerspruch zum “Guten Ton”. Das Projekt verfolgt diesen Ansatz weiter und geht der Frage nach, ob ein denkbarer Konnex zur Wortschöpfung FARB-TON hergestellt werden kann? – Rückblickend wurden in der Kunstgeschichte Jahrhunderte lang Farbmittel und Farbpigmente auch aus den Zutaten gewonnen, die auf dem Speisezettel standen. Künstler*innen und Köch*innen griffen auf das gleiche Material zurück: LEBENSMITTEL, die je nach Kontext unter Einsatz verschiedener Sinne und Geschmackskriterien ausgewählt wurden.
Hier knüpft das Konzept an unter Einbeziehung eines weiteren Sinnes: dem Gehör. Ist ein akustisches Spektrum von (essbarem) „FARBSTOFF” und dessen (körperlicher) „VERTONUNG” ablesbar?
Konkret erfolgt in einer Testreihe am eigenen Körper während sieben Tagen die Nahrungsaufnahme nach dem Kriterium der Farbwahl. Pro Tag werden nur Lebensmittel einer Farbgruppe verzehrt – WEISSE, GELBE, ROTE, GRÜNE, BRAUNE, VIOLETTE ODER SCHWARZE NAHRUNG. Deren Wirkung auf die Darmperestaltik wird mit einem speziellen Richtmikrofon erfaßt, um die jeweiligen „FARB-TÖNE” zu ermitteln.
Der Titel “KODIERUNG” bezieht sich einerseits auf die lautmalerische Umschreibung obiger “FARBSTOFF- VERTONUNG” (Verdauung) und andererseits auf eine ironische Weiterführung des Begriffs TAFELBILD als Wortschöpfung. Das Wort TAFEL assoziiert man im Kontext von Speisen mit einem festlich gedeckten Tisch und Esskultur – Kochkunst und der vorliegende Speiseplan nach Farben, kommt einer “Einverleibung” von Kunst und Küche gleich und endet mit der “Kotierung”.
Eine reale “KODIERUNG” des Speiseplans (wie z.B. “WEISSE NAHRUNG”) geschieht durch Verschlüsselung der Sprachinformation in einen binären Strichkode, der anschließend bildnerisch umgesetzt wird: Keilrahmen, Leinwand und Farbe werden jedoch ersetzt durch S/W Fäden, die den Strichkodes entsprechend zu S/W gestreiften Tischdecken (!) gewebt werden.
Diese sieben “FARB-STOFFE” werden als “TAFEL-BILDER” an eine Wand gehängt, sodaß dahinter Lautsprecherboxen Platz finden, über die die “VERTONUNG” (Verdauung) des jeweiligen “FARBSTOFFES” eingespielt wird. Parallel dazu sind auf Esstischen sieben Videomonitore “angerichtet”, die das betreffende “FARB-MAHL” wiedergeben.
© Fotos
Hilde Fuchs, Walter Lauterer